Inhalt: Die Schweiz: Der Sonderbundskrieg 1847
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  • Der Sonderbundskrieg - dieser Artikel stammt von der phänomenalen Site zur Schweizer Geschichte von Markus Jud. www.geschichte-schweiz.ch

    Der Sonderbund der alten katholischen Kantone

    Die konservativen Regierungen begnügten sich aber nicht damit, dass die Tagsatzung ihre Positionen unterstützte (Duldung der Jesuiten, Verbot der Freischarenzüge). Die Kantone LU, UR, SZ, OW, NW, ZG, FR und VS bildeten unter Führung des Luzerner Schultheissen Konstantin Siegwart - Müller eine zunächst geheimgehaltene Schutzvereinbarung zur Wahrung ihrer legitimen [rechtmässigen] Ansprüche auf Selbstbestimmung nach den kantonalen Verfassungen und zur Verteidigung ihres Gebietes. Die Wahl der Partner entsprach bis auf SO, das durch VS ersetzt wurde, dem gegenreformatorischen Bündnis von 1586 und bis auf AI den Kantonen, die 1874 die Totalrevision der Bundverfassung ablehnten. Mit der Jesuitenberufung und der Wahl der Partner gaben die Zentralschweizer Konservativen ihrer Sache gegen die Radikalen ein konfessionelles Etikett, das sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht gehabt hatte, ein Etikett zudem, das in der Folge Katholiken in anderen Kantonen zu Feinden des Fortschrittes abstempelte und damit in eine unangenehme Minderheitsposition brachte, obwohl sie als einzelne Personen vielleicht gar nicht fortschrittsfeindlich waren. Als die Existenz dieses Sonderbundes im Juni 1846 bekannt wurde, löste sie bei den Reformierten einen Sturm der Entrüstung aus.

    Erste Reaktion: Liberaler Umschwung in Bern, Genf und Basel

    Damit wendete sich das Blatt: Die Wechselwähler [nicht fest an eine Partei gebundene Wahlberechtigte] sahen die Freiheit gefährdet und neigten wieder den Liberalen zu: 1846 gaben sich die bisher konservativen Berner eine liberale Verfassung, Genf wählte eine liberale Regierung. 1847 gaben sich Genf und Basel - Stadt liberale Verfassungen, das katholische(!) Gasterland (SG) entsandte nach Neuwahlen nur noch liberale Vertreter in den Grossen Rat, sodass auch Sankt Gallen das Lager wechselte. In Fribourg kam es zu einem liberalen Umsturzversuch. Umgekehrt machten der Papst, das protestantische(!) Preussen und Österreich Druck auf die Tagsatzung, um die alte Ordnung zu stützen, erreichten damit aber wohl das Gegenteil: Die ausländische Einmischung wurde, mit diplomatischen Nadelstichen garniert, energisch zurückgewiesen und die Tagsatzung erklärte am 20. Juli 1847 mit der nunmehr liberalen Mehrheit den Sonderbund für aufgelöst.

    Hilferuf der Sonderbundskantone an Österreich

    Nun rief Siegwart - Müller Österreich formell um Hilfe an und machte zugleich Vorschläge für eine Neuordnung der Kantonsgebiete im Fall eines Sieges. So sollten das Berner Oberland und das Simmental Obwalden und dem Wallis, die katholischen Bezirke des Aargaus Luzern angegliedert und Glarus zwischen Schwyz und Uri aufgeteilt werden. Zudem war ein eigener Kanton Pruntrut (Jura) geplant. Dies zeigt, dass die Konservativen ebensowenig Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht der Kantone hatten wie die liberalen Freischaren. Im August beschloss die Tagsatzung eine Revision des Bundesvertrages, im September wurden LU, SZ, FR und VS aufgefordert, die Jesuiten auszuweisen. Nach erfolglosen Verhandlungen wählten beide Seiten im Oktober mitlitärische Anführer.

    General Dufours Verdienste im Sonderbundskrieg

    Der eigentliche Sonderbundskrieg wurde vom Sonderbund mit Angriffen auf das Tessin und das Freiamt (AG) eröffnet, die Truppen der Tagsatzung marschierten zuerst gegen Fribourg und Zug. FR und ZG kapitulierten kampflos. Darauf kam es in Honau, Gisikon und Meierskappel zu Kämpfen, Luzern wurde besetzt. In den folgenden Tagen kapitulierten OW, NW, SZ, UR und VS, Siegwart - Müller setzte sich über den Simplonpass nach Italien ab. Der Oberbefehlshaber der Tagsatzungsarmee, General Guillaume Henri Dufour hatte seine Truppen dazu angehalten, unnötiges Blutvergiessen zu vermeiden und auf Plünderungen und Brandschatzungen zu verzichten. Sein Verdienst ist es, dass der Sonderbundskrieg schnell und mit lediglich insgesamt 86 Toten und 500 Verletzten beendet und weiteres Blutvergiessen verhindert werden konnte. Dufour ist übrigens auch Mitbegründer des Roten Kreuzes und "Vater" der modernen Landeskarten (1844 - 1864, auf seine Initiative hin wurde das Bundesamt für Landestopographie geschaffen).