Inhalt: Sozialdarwinismus
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Neu mit Darwin kriegt die menschliche Gesellschaft eine vom Schöpfungsglauben losgelöste Logik - neuer "Gott" wird die "Selektion". Tod und Geburt werden nicht mehr in Hinblick auf ein Jenseits gesehen, sondern in Bezug auf den Fortschritt, der nur geschehen kann, wenn gejagt und gefressen wird...

Natürliche Selektion ist grausam. Nur der "Fittere" überlebt, was man als passive Entwicklung ansehen kann - aber auch als Möglichkeit, sich als "Fitteren" zu beweisen. Auf dieser Basis ist der Sozialdarwinismus antihumanistisch.

Menschen scheinen - im Gegensatz zu Tieren - ihr Schicksal selbst bestimmen zu können. Wo in der Tierwelt einfach der Grundsatz des "Fressens und gefressen werdens" vorherrscht, könne der Mensch über sein Schicksal bestimmen und sich dafür entscheiden, zu den "Fitteren" zu gehören, indem er sich bewusst und aktiv in den Evolutionsprozess einschaltet - sich militärisch organisiert, oder ins Fortpflanzungsgeschehen eingreift, indem er "Minderwertige" sterilisiert oder gar tötet, oder indem er versucht, den Fortpflanzungsprozess zu umgehen z.B. durch die Herstellung von Klonen.

Der "Kampf ums Dasein" bestimmt das Leben. Es geht also nicht einfach darum, sich seinem Schicksal hinzugeben und zu warten wie die "natürliche Selektion" sich in Bezug auf die eigene Person respektive Gesellschaft auswirkt, sondern es geht darum, sich für sich und "die eigenen" einzusetzen und zu kämpfen.

Menschen pflanzen sich zu schnell fort - irgendwann kommt es zur Überbevölkerung dieser Erde, weshalb es naturnotwendig sei, "Minderwertige" zu töten oder sie zumindest an der Fortpflanzung zu hindern.

Wilhelm Schallmayer: "Dieser gewaltige Daseinskampf, der den Siegern die Fortdauer in der Nachkommenschaft, den Unterliegenden das Erlöschen ihres Stammes bringt, hatte bis zu Darwin keinen einzigen Zuschauer gehabt. Seit Darwin hat der Mensch den Vorzug, nicht nur Teilnehmer, sondern auch Beobachter dieses grossen Kampfes zu sein. Diese ungewohnte Zuschauerrolle, die uns Darwin verschaffte, wäre ein recht zweifelhafter Gewinn, sofern es sich nur um die ästhetischen Eindrücke des Erschauten handelt; denn ein Vergnügen ist es kaum, sich die unerbittliche Grausamkeit dieses endlosen Vernichtungskrieges der Natur gegen lebende Wesen und dieser unter sich vor Augen führen zu lassen. Man müsste wünschen, dass uns die Augen lieber nicht geöffnet worden wären, wenn uns dieses Zusehen nichts weiter als ein Schauspiel böte ... Aber wir würden keine denkenden Menschen sein, wenn uns dieses Zusehen nichts lehren würde, was ins im Kampfe selbst zum Vorteil gereichen kann." Zitiert in: Bergmann, Anna. Die verhütete Sexualität: Die medizinische Bemächtigung des Lebens. Berlin 1998. S. 96.

"Die Theorie der "natürlichen Selektion" bildete das Kernstück seiner Lehre. In der Abstammung des Menschen führte Darwin den Prozess der Zivilisation letztlich auf das Prinzip der "natürlichen Zuchtwahl" zurück, die in drei Etappen vonstatten gegangen sei: Aus der Organisation affenähnlicher Wesen erwachse Barbarei und aus ihr folge die Zivilisation. Ein Veränderungsprozess der Instinkte galt bei Darwin als Gradmesser für die STufe des Zivilisationsprozesses. Auf der untersten Stufe konstatierte er für Mensch und Tier gleiche Instinkte: "Selbsterhaltung", "geschlechtliche Liebe", "Mutterliebe" und die Fähigkeit des Neugeborenen an der Brust zu saugen. Die aus dem Zivilsationsprozess durch "natürliche Selektion" zusätzliche hervorgegangenen Instinkte seien im wesentlichen "Sympathie" und "Moral". Hierzu zählte er: Mut, Altruismus, Treue, Familienbedürfnis, Gewissen, Unrechts- und Rechtsbewusstsein, Ehrbedürfnis etc.
Alle Veränderungen körperlicher, intellektueller und moralischer Eigenschaften seien Resultat der Selektion: ...Bergmann, Anna. Die verhütete Sexualität: Die medizinische Bemächtigung des Lebens. Berlin 1998.S. 100.